Diplom - Psychologin Sarah Willeke
Eine glückliche Beziehung wünschen sich viele Menschen. Den Psychologen Edward L. Deci und Richard M. Ryan zufolge gehört Bindung neben Autonomie und Kompetenz zu den drei psychischen Grundbedürfnissen eines Menschen, die für seine mentale Gesundheit entscheidend sind und auch für die Entwicklung eines gesunden
Selbstwertgefühls
als Voraussetzung gelten. Das heißt, der Mensch will sich verbunden, akzeptiert und unterstützt fühlen, aber auch andere unterstützen. Wir haben also ein natürliches Bedürfnis nach Bindung und Beziehungen. Für viele Menschen ist es auch das Bedürfnis nach einer Partnerschaft. Positive und glückliche Beziehungen tragen entscheidend zu unserem subjektiven Wohlbefinden bei und erhöhen die Lebenszufriedenheit. Aber was ist die Basis für eine langjährige und erfüllende Beziehung? Was hält Paare zusammen?
Um positive Beziehungen aufzubauen und sie auch in dieser Weise zu führen, bedarf es einiger Grundlagen in der Beziehungsgestaltung; wie etwa die Herangehensweise, um Lösungen für Probleme zu finden oder wie gemeinsame Ziele und Lebensträume gefunden und umgesetzt werden können. Ebenso spielt der Faktor Sinn in einer Beziehung eine wesentliche Rolle, den die Individuen für sich entdecken und leben wollen. Es lassen sich gemäß des Sound Relationship Modells von John Gottman sieben Ebenen einer gelingenden Beziehung beschreiben, die von den beiden Säulen Vertrauen und Bindung umrahmt werden:
In der Zeit der ersten Verliebtheit ist das Interesse am anderen sehr ausgeprägt. Nach der anfänglichen Neugier erfahren die Partner immer mehr das Empfinden von Vertrautheit. "Build Love Maps" bedeutet in diesem Kontext, das Interesse am anderen nicht zu verlieren und den Partner auch nach langer Zeit des Kennens auf neue Weise anders wahrzunehmen, um ihn in Gänze zu verstehen und innerhalb der Beziehung auch emotional nahe zu kommen.
Positive Beziehungen bestechen dadurch, dass sie einen regen (positiv geprägten) kommunikativen Austausch pflegen, indem sie gemeinsam schöne Momente teilen oder zelebrieren, und dem Partner für dessen Leistungen etc. Anerkennung zeigen.
Bedeutend ist es, sich dem anderen auf aktive oder passive Weise zuzuwenden und ihm dadurch zu signalisieren, dass er mit seinen Gefühlen und Emotionen wahrgenommen und verstanden wird. Dadurch lassen sich auch problembehaftete Zeiten in einer Beziehung besser durchstehen.
Unter "positive Einstellung" wird in diesem Zusammenhang der Gedanke verstanden, dem anderen gegenüber eine zugewandte Haltung einzunehmen, die davon ausgeht, dass das Handeln des Partners durch positive Motive geleitet wird. Unterstellungen finden dabei keinen Raum.
Konflikte und Probleme werden nicht verdrängt oder übersehen, sie sollen gemanagt werden. Es geht um die Suche nach konstruktiven Wegen, um Probleme anzusprechen und Lösungen für sie zu erarbeiten. Dabei werden Methoden wie Ich-Botschaften, aktives Zuhören und konstruktives Feedback angewendet (schauen Sie sich dazu auch gern den Artikel zur
positiven Kommunikation
an).
Unterstützend ist es auch gemeinsame Lebensträume herauszukristallisieren und diese für sich zu entwickeln und letztlich in die Tat umzusetzen. So können beide Partner in der Beziehung aufblühen.
Wichtig sind auch die Fragen, was die Grundlage Ihrer Verbindung ist und an welchen Werten oder anderen Grundfragen orientiert Sie Ihre Beziehung aufbauen und weiterentwickeln wollen. Nicht nur im Fall einer Weiterentwicklung als Familie steht die Ausformulierung des Sinns für die Involvierten im Fokus, sondern was sie gewissermaßen als Vermächtnis ihrer Beziehung weitergeben möchten.
Die Paare, die eine gelingende Beziehung führen und dabei u. a. die sieben Stufen des Sound Relationship Modells in ihren Alltag einbeziehen, erfahren daher eine auf Vertrauen, Respekt und Ehrlichkeit basierende Beziehung, die den jeweils anderen berücksichtigt, offen mit ihm umgeht und sich generell positiv und gemeinsam in die Zukunft entwickeln möchte.
Wie auch schon in einem anderen Artikel erwähnt, ist Kommunikation der Schlüssel zu einer erfolgreichen und glücklichen Beziehung. Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass, wenn das Verhältnis von positiven zu negativen Aussagen bei 5:1 lag, dies ein Prädiktor für die Beziehungsqualität und -stabilität der Paare in der Zukunft war. Überwogen negative Aussagen in Paarbeziehungen, führte dies deutlich häufiger zur Trennung. Ließen sich dagegen positive und negative Aussagen zu gleichen Teilen ausmachen, waren die betroffenen Paare zwar noch zusammen, befanden sich aber in keiner stabilen Beziehung. Dies zeigt den hohen Stellenwert, den eine positive Kommunikationskultur für gelingende Beziehungen hat.
Zunächst werfen wir noch einen Blick darauf, wie es nicht aussehen sollte.
Es lassen sich vier sogenannte „apokalyptische Reiter“, d. h. destruktive Kommunikationsmuster identifizieren, die Beziehungen nachhaltig schädigen, letztendlich Trennung begünstigen und somit auch als Warnsignale fungieren:
1. Kritik:
Ein Partner kann nicht davon ablassen, den anderen zu kritisieren, ihm Versäumnisse vorzuwerfen, anzuklagen oder Schuldzuweisungen auszusprechen.
2. Abwehr/Verteidigung:
Ein Partner wehrt eigene Versäumnisse vehement ab oder rechtfertigt permanent seine Haltung oder sein Handeln.
3. Verachtung:
Der Partner wird abgewertet oder geringgeschätzt.
4. Mauern:
Ein Partner lässt sich auf nichts ein, möchte nicht über einen Sachverhalt diskutieren und zieht sich lieber zurück.
Glückliche und langfristige Beziehungen zeichnen sich stattdessen dadurch aus, dass beide Partner in ihren Worten und ihrer Haltung eine positive Kommunikation zum Ausdruck bringen. Dazu zählt neben der verbalen vor allem auch die nonverbale und paraverbale Kommunikation. Zur letzteren werden Formen von Betonung, Sprachfluss oder -geschwindigkeit gezählt. Insbesondere im nicht-verbalen Bereich lässt sich positive Kommunikation fördern – beispielsweise durch einen ruhigen statt gereizten Tonfall, ein Lächeln oder eine positive Geste.
Kleine Aufmerksamkeiten im Alltag können einen großen Unterschied machen. In der englischsprachigen Literatur spricht man hierbei auch von „random acts of kindness“. Damit ist ein zufälliger Akt von Freundlichkeit gemeint, der sich im Zeigen von Überraschungen oder kleinen Gesten darstellt und somit nicht nur dem Partner eine Freude bereitet, sondern ebenso das eigene Wohlbefinden steigert. Das könnte z. B. die Aufmerksamkeit sein, dem Partner den Lieblingsjoghurts aus dem Supermarkt mitzudringen.
Wichtig ist es, dem Partner wirklich aufmerksam und aktiv zuzuhören, um dann auch angemessen auf das Gesagte reagieren zu können. Eine Antwort sollte wenn möglich aktiv und konstruktiv formuliert werden, d. h. es sollten positive Gefühle des Partners angesprochen und eigene positive Gefühle geäußert werden (z. B. Freude über einen Erfolg des Partners). Offene Fragen sind auch eine schöne Möglichkeit, den Partner zum Weiterreden zu ermuntern und ihm gleichzeitig zu zeigen, dass man zuhört und interessiert ist (z. B. „Was hast du dann gemacht?“). Die Körpersprache sollte hierbei dem Gesprächspartner zugewandt und entspannt sein, mit Blickkontakt und gelegentlichem Lächeln. Versichern Sie sich auch zwischendurch durch Nachfragen oder Zusammenfassen des Gehörten, ob Sie alles richtig verstanden bzw. interpretiert haben. Kritik und Feedback sollte stets konstruktiv formuliert werden, damit der Partner davon profitieren kann und sich nicht angegriffen fühlt - schauen Sie sich dazu gern meinen entsprechenden
Artikel
an.
Empathie ist eine für gelingende Beziehungen zentrale soziale Kompetenz, die unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Unter Empathie versteht man die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich der Emotionen, Gefühle und Situationen eines anderen tiefergehend anzunehmen. Früher sprach man von Einfühlungsvermögen heute mehr von Empathie. Empathie darf dabei jedoch nicht mit Mitleid verwechselt werden. Beim Sich-Hineinversetzen in eine andere Person soll nicht deren Leid übernommen werden, sondern vielmehr eine „Tun-als-ob-Position“ eingenommen werden, die die notwendige Distanz wahrt, um möglichst objektiv agieren zu können. Gut nachvollziehen lässt sich das anhand der vier Säulen der Empathie:
1. Wahrnehmung: Wie geht es dem anderen?
2. Verständnis: Warum geht es ihm so?
3. Antizipation: Wie wird der andere weiterhin reagieren?
4. Resonanz: Wie reagiere ich darauf?
Wenn man seinem Partner Empathie entgegenbringt, fühlt sich dieser angenommen und verstanden. Auf diese Weise öffnet er sich zu einer konstruktiven Kommunikationsweise, die negative Komponenten wie Aggression zurückhält. Empathie ist daher eine wertvolle Fähigkeit für glückliche Beziehungen, die sich durch Training erweitern lässt:
Empathie setzt voraus, sich selbst zu erfahren und daraufhin die Emotionen des anderen einschätzen zu lernen. Nehmen Sie sich also immer hinreichend Zeit für die Selbstwahrnehmung Ihrer eigenen Gefühle.
Aus dem Beobachten lässt sich ein Feingefühl für den Partner, seine Bedürfnisse und Angewohnheiten ableiten.
Empathie zeigt sich daran, dass der andere einem wichtig ist.
Dabei erfährt der Partner, dass er wahrgenommen und akzeptiert wird. Auf diese Weise lässt sich ein interpersonales, emotionales Band knüpfen. Wichtig ist es hierbei jedoch, das Leid und die Sorgen des anderen nicht zu den eigenen werden zu lassen, sondern immer noch eine gewisse Grenze zwischen den eigenen Gefühlen und denen des Partners zu ziehen. Mitgefühl heißt nicht Mitleid!
Empathiefähigkeit bedeutet, gezielt nachzufragen, um den wahren Gehalt einer Information zu verstehen und dabei auch zwischen den Zeilen lesen zu können.
Fühlt sich der Partner verstanden, lässt sich ein Gefühl von Verbundenheit wahrnehmen.
Abschließend sind hier noch einmal fünf allgemeine Tipps für Beziehungen:
Zusamenfassend ist es wichtig, sich in einer Partnerschaft zu öffnen und den jeweils anderen am eigenen Leben teilhaben zu lassen. Gemeinsame Interessen, Werte, Hobbys und Freunde halten Paare zusammen. Gleichzeitig ist es aber auch wichtig, sich gegenseitig Freiraum zu lassen und auch mal Dinge allein zu unternehmen, denn das stärkt das Selbstvertrauen und macht die Zeit zu zweit zu etwas Besonderem. Entwickeln Sie gemeinsam kleine Rituale und tauschen Sie regelmäßig, am besten jeden Tag, Zärtlichkeiten aus. Zeigen Sie Ihrem Partner durch kleine Gesten, wie wichtig er Ihnen ist. Aber vor allem zählt die gegenseitige Unterstützung – füreinander da zu sein und Krisen gemeinsam durchzustehen, einander Halt und Geborgenheit geben, sich füreinander freuen können und eine positive und offene Kommunikation führen – das sind zentrale Merkmale einer stabilen und glücklichen Beziehung.
Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Dorothee-Emanuela Gohr entstanden.
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